Review: Downcast - Tell me I'm alive

VÖ: Three-One G Records/Ebullition Records
Ist der Term "Altherren-Core" gemein? Wenn eine Band nach geschlagenen 25 Jahren aus der Versenkung hervorkommt, muss der ein oder andere Spaß bezüglich des Alters einfach erlaubt sein!

Downcast sind vor allem dadurch bekannt, weil ihre 7inch die allererste Veröffentlichung auf dem später legendär werdenden Ebullition Records-Label war. Genauer gesagt schrieben wir das Jahr 1990. Erwähnten Status erlangte das Label erst viele Jahre später durch das Signen diverser stilprägender Bands im Screamo/Emocore-Bereich. Allen voran Orchid, die man sicherlich am stärksten mit dem Label verbindet, aber auch Yaphet Kotto, Portraits of Past, Still Life oder Moss Icon.

Qualitativ spielen die ersten Downcast-Releases sicher nicht in dieser Liga mit, fairerweise muss man aber auch sagen, dass sie ihren Kram bereits Anfang der 90er geschrieben haben und die ganze Szene ja erst Mitte der 90er so richtig explodiert ist. Mit frühen Ebullition-Bands wie Struggle, End of the Line oder Iconoclast konnten sich Downcast ganz gut messen, auch stilistisch gab es bei diesen Bands immer einige Parallelen.

Screamo, wie man ihn später kannte, war das sowieso nicht. Das war rumpeliger, düsterer No Bullshit-Hardcore. So ungefähr kann man sich jetzt auch das Comeback-Album "Tell me I'm alive" vorstellen. Natürlich mit dem ganzen Makeup von 2020 & der Gewissheit, dass die Mannen 25 Jahre älter geworden sind. Ergo: Der Sound ist deutlich klarer und polierter, weil die technischen Möglichkeiten heutzutage natürlich VIEL anders sind, selbst für eine DIY-Band. Und natürlich hört man auch die Reife raus, denn ähnlich wie ein Altherren-Fußball-Team über den Rasen trabt, bewegen sich Downcast durch ihre Songs hindurch.

Im Grunde ist das nicht das was viele unter Hardcore/Punk verstehen werden. Es ist nicht wild, es ist nicht schnell, es ist nicht zerstörerisch oder übertrieben laut. "Tell me I'm alive" ist Rock-Musik mit Ecken und Kanten, gespielt von erwachsenen Männern. Was geblieben ist, ist die düstere Atmosphäre & die HC-Attitüde. Denn bei aller Gelassenheit rollt sich der, für die 90er so typische, "New School-Groove" unaufhaltsam durch das Album hindurch. Und ich muss sagen: Je kriechender, desto besser. Denn überraschenderweise sind die langsamsten & längsten Songs für mich die besten Stücke, man höre "Nature of a Gun", "Four Arrows" oder "Hiding in the Limbs". Zufall wahrscheinlich, dass genau diese 3 Songs hintereinander kommen...

Unterm Strich ist "Tell me I'm alive" zwar weit von einem Geniestreich entfernt, der Ansatz ist für 2020 aber erfrischend anders. Übrigens ist die Scheibe eine Mischung aus neuen Songs & Material, das seit 1995 in der Schublade verstaubt ist, aber niemals aufgenommen wurde.

Rating: 6 von 10

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