Review: Sparta - Trust The River
VÖ: Dine Alone Records |
Ich war so überrumpelt vom Erscheinen der Platte, dass ich mir erstmal die gesamte Sparta-Diskografie reingezogen habe - quasi als Vorbereitung für das 4. Album. Und ich muss sagen: Qualitativ wurden Sparta von Platte zu Platte schwächer. Das Debüt "Wiretap Scars" hatte ich anno 2002 zwar als Enttäuschung empfunden, weil ich mir als großer At the Drive-In-Fan wohl zu viel davon erwartet habe... doch mit den Jahren wurde die Scheibe für mich immer wertvoller & selbst heute noch lege ich sie gerne auf - Stücke wie "Cataract", "Mye", "Cut your Ribbon" oder "Echodyne Harmonic" sind zeitlos und die Platte fließt schön durch. Mit "Porcelain" klangen Sparta erwachsener & entledigten sich vieler Postcore-Altlasten. Das Album war gelungen, hat aber mehr Längen als "Wiretap Scars". Mit "Threes" wollten Sparta dann den großen Wurf landen, schielten gar etwas Richtung Stadion-Rock und Sänger Jim Ward tat viel dafür um wie Bono zu klingen. In meinem Review damals habe ich U2, Radiohead & Coldplay als Referenzen genannt und tatsächlich gelang Sparta ein kleiner Schritt in die Richtung dieser Kaliber. Trotz einer Handvoll guter Songs verloren Ward's Mannen viel von ihrem ursprünglichen Charme. Auch kommerziell erfüllte Album Nummer 3 wohl nicht die Erwartungen, was Sparta für längere Zeit in die Versenkung verschwinden ließ...
Auf dem Comeback-Album sind mit Sänger/Gitarrist Jim Ward & Bassist Matt Miller nur mehr zwei Leute der Ur-Besetzung übrig und trotzdem war ich neugierig wie "Trust the River" wohl klingen wird und welchen Ansatz Ward & Co wählen werden. Und ich muss sagen: Die zweite Überraschung folgte zugleich. Denn hättest du mir das Ganze blind vorgespielt, wäre ich nicht direkt darauf gekommen neues Sparta-Material zu hören. Die Jungs wählten einen sehr reduzierten, minimalistischen Ansatz, der durchaus verständlich ist. Schließlich haben sie heute nicht die Ressourcen die sie vor 20 Jahren hatten und fies gesagt kräht heute kein Hahn mehr nach Sparta, besonders in Relation zu 2001, wo sie aus dem Hype um At the Drive-In hervorgingen.
Das Ding ist: Reduziert hin oder her, aber "Trust the River" ist einfach nur generische Altherren-Rock-Musik, die unauffällig vor sich hinpluckert und sich in jeder Sekunde leidenschaftslos anfühlt. Die Produktion ist einfach nur... tot. Ein anderes Wort fällt mir dazu nicht ein. Ein Song endet, der nächste startet. Sowas wie Atmosphäre, große Gefühle oder irgendeine besondere Ambition sucht man vergebens. Anhand der Umstände habe ich mir natürlich keinen direkten "Threes"-Nachfolger erwartet, doch ausgerechnet nach diesem Album (bei dem Sparta, wie erwähnt, auf große Gesten Wert gelegt haben) ist "Trust the River" ein arger Stilbruch.
Ward's Solo-Projekte spiegeln sich im Sound durchaus wieder, denn der neue Stil ist deutlich ruhiger & zurückgelehnter, angefärbt von Americana- und Country-Musik. Das ist absolut authentisch muss ich sagen, schließlich ist Ward älter geworden, allerdings ist das Songwriting von A bis Z einfach nur langweilig. Das einzige Ausrufezeichen und der für mich beste Song ist "Spirit Away", doch irrerweise ist das Stück völlig verloren und passt stilistisch rein gar nicht zur restlichen Platte. Ward bekommt hier Unterstützung von der Sängerin Nicole Fargo, verstellt seine eigene Stimme massiv und erzeugt so eine creepy Atmosphäre, die so ein bisschen an Nick Cave denken lässt. Amtlich finde ich auch noch den Opener "Class Blue", auf dem Sparta noch am ehesten wie Sparta klingen und so ein Idee davon geben, wie "Trust the River" klingen hätte können.
Ward's Stimme ist eindeutig schwächer geworden oder vielleicht liegt es an der nackten Produktion?! Das Bono-Worshipping hat er fast völlig abgelegt, doch er klingt auch nicht so kraftvoll und markant wie etwa auf "Wiretap Scars". Unterm Strich ist seine Stimme aber noch am ehesten das was an die alten Zeiten denken lässt. Ach ja, das Album ist mit 33 Minuten das kürzeste Sparta-Album bisher. Das stört mich als Fan kompakter Platten zwar nicht, doch dezent unterstreicht das die Vermutung, dass Ward nicht sonderlich viele Einfälle hatte.
Wahrscheinlich oder ganz sicher sogar bin ich etwas harsch mit "Trust the River". Doch Sparta wird am Ende genau DAS zum Verhängnis, was einer generischen Rock-Band nicht zum Verhängnis geworden wäre: Ihr Name. Sie klingen weder besonders stark nach dem alten Kram, noch erreichen sie die Intensität, die Markanz, die Ambitioniertheit, ja, die Leidenschaft von früher. Wie zuvor erwähnt wurden Sparta für mich mit Album zu Album schwächer, doch die drei ersten Alben lagen qualitativ noch relativ nahe beieinander. "Trust the River" setzt den Trend fort, ist aber kein Schritt, sondern ein ganz großer Sprung bergab. Unter neuem Namen hätte mich das wohl weniger gestört, doch als Sparta-Album ist "Trust the River" eine herbe Enttäuschung. Womit wir wieder bei der Erwartungshaltung wären, fast so wie vor 20 Jahren...
Rating: 3 von 10
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