Burn the Summer down... (Part 1)

Viel ging hier ja nicht im Sommer, genauer gesagt gar nichts. Weil ich das musikalische Geschehen zumindest oberflächlich verfolgt habe & die letzten Wochen ein bisschen was nachgeholt habe, möchte ich nun meinen Musik-Sommer in einem Abwasch huldigen! Und weil's doch mehr wurde als anfangs angenommen, habe ich die Massenschlachtung auf zwei Posts aufgeteilt. Hier ist das was ich mir -neben den üblichen Klassikern- im Sommer so angehört habe:

Classics of Love - World of Burning Hate (EP)
Vom Album aus 2012 war ich damals schwer begeistert. Wie aus dem Nichts kam im Sommer diese EP mit 5 neuen Tracks. Der Stil ist ähnlich (melodischer Punkrock mit klaren 80er-Jahre-Moves), die Produktion ist jedoch etwas schroffer. Guter Stoff, aber nichts Essentielles, wenn man das Album kennt. (Bandcamp)

Coma Regalia - Marked
Die Band von Middle Man Records-Betreiber Shawn Decker ist seit Jahren eine Bank in Sachen Screamo/Emo. Nach 5 Alben und über 30 (!!!) Split-Veröffentlichungen, ist das was sich auf dem neuen Album "Marked" abspielt jedoch weit von einer Überraschung entfernt. Die Qualität ist dennoch gewohnt hoch und die Scheibe fliegt in unter 20 Minuten geradezu an einem vorbei, ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Hut ab vor so viel Konstanz und Leidenschaft! (Bandcamp)

Deftones - Ohms
Die Deftones. Schwieriges Thema für mich. Dank "Around the Fur" & dem Klassiker "White Pony" sind sie zwar eine Kult-Band für mich, die ich immer respektieren werde. Doch nach dem "Selftitled" aus 2003 haben sie mich irgendwie verloren. Mit "Koi No Yokan" & "Gore" konnte ich zuletzt gar nichts mehr anfangen. Das 9. Album "Ohms" gefällt mir deutlich besser, weil es wieder viel von den anfangs erwähnten Platten hat, doch so richtig klick will es nicht machen. Die Songs ziehen einfach an mir vorbei, ohne dass ich definieren könnte warum?! Dabei flippte ich nach dem Opener kurzzeitig aus, denn "Genesis" ist ein toller Song, ja für mich der beste Deftones-Track seit mindestens 15 Jahren!


Easy Prey - Relentless Struggle (EP)
Beim Albumcover hatte ich sofort Assoziationen zu Unsane und tatsächlich dürften die Noise-Urgesteine zu den Lieblingsbands von Easy Prey zählen. Das Quartett aus Texas nennt u.a. die gesamte Amphetamine Reptile-Schiene aus den 90ern als großen Einfluss für ihren Sound. Ganz so monoton wie sämtliche Unsane-Veröffentlichungen ist "Relentless Struggle" dann doch nicht. Es gibt klare Postcore-Tendenzen, mit Melodiebögen, spannungserzeugenden Teilen und diversen Tempi- und Lautstärkewechseln - am besten nachzuhören in "Fever Dream" oder "A Study in Acute Narcissism". "Nette", kleine EP, das. (Bandcamp)

END - Splinters from an Ever-Changing Face
Diese Hardcore-Supergroup mit (ehemaligen) Mitgliedern von u.a. Converge, Dillinger Escape Plan, Misery Signals, Counterparts oder Blacklisted hält was sie verspricht. Das ist schwer metallischer, verzerrter Hardcore mit markerschütterndem Geschrei, heftigen Blastbeats, ebenso heftigen Breakdowns und satt groovenden Gitarren. Einerseits ist die Nähe zu Converge schon fast unverschämt, andererseits ist gerade das anno 2020 eine frische Brise. Im direkten Vergleich zu Converge sind END bei weitem nicht so vertrackt, außerdem agieren sie ziemlich reduziert. Sonderlich progressive Parts oder atmosphärische Sektionen findet man hier kaum, stattdessen gibt's 33 Minuten lang konsequent auf die Fresse. Am Ende ist mir das fast schon zu aggressiv (ich werde wohl alt), gut gemacht ist "Splinters from an Ever-Changing Face" aber ohne jeden Zweifel. (Bandcamp)

Every Scar has a Story - s/t (EP)
Neues Projekt vom nimmermüden Tom Schlatter (Ex-You and I, Black Kites, The Assistant, etc.) & 108-Sänger Rob Fish. Das Ganze entstand in der Quarantäne - Tom bastelte die Songs zusammen, schickte sie zu Rob und dieser schrieb die Texte und nahm die Vocals dazu auf. Das Ganze ist insofern interessant, weil es sich doch deutlich von den dutzend anderen Schlatter-Projekten abgrenzt und mit Screamo oder Heavy Hardcore wenig am Hut hat. Die ersten 3 Stücke des Duos sind SEHR melodiös und verspielt, ich würde das Ganze direkt als Post-Hardcore im modernen Sinne einordnen. Wobei sich diese beiden alten Hasen nirgendswo anbiedern und ihr eigenes Ding durchziehen. Mir fiel jedenfalls kein völlig passender Vergleich dazu ein! Die Gitarrenarbeit von Tom ist wirklich überragend und hält alles zusammen, auch Rob liefert eine überraschend emotionale Performance ab und trägt viel zum sehnsüchtigen Gefühl bei, die diese Scheibe hinterlässt. Ich bin sehr angetan von diesen Songs und hoffe auf prompten Nachschlag! (Bandcamp)


Gone Wrong - All your Rage (EP)
Hardcore anno 2020 ist gaaaaaanz eigenartig. Auf größere Ebene ist das Genre schlichtweg nonexistent. Abgesehen von Touche Amore (und seinen NachwĂĽchsen) gibt es keine groĂźen Bands mehr und selbst wenn was Brauchbares rauskommt, wird es von der groĂźen Masse nicht wahrgenommen. Man kann aber nicht behaupten, dass das Genre per se "tot" ist.. NEIN! Tief im Untergrund braut sich nämlich etwas zusammen. Es scheint fast so als ob wir zu den Anfängen des Genres zurĂĽckgegangen sind, wo der Mainstream noch meilenweit entfernt war. Nicht nur stilistisch, sondern auch vom ganzen Auftreten her orientieren sich heute immer mehr HC-Bands an den frĂĽhen 80ern. Ein passendes Beispiel hierfĂĽr sind die 4 HosenscheiĂźer von Gone Wrong. Die Mitglieder der Band aus Vermont sind zwischen 14 und 17 (!!!) Jahre alt und zocken hier 7 Songs im besten Minor Threat-/Black Flag-Stil herunter. Das Ganze klingt so authentisch, dass man den Hut vor so viel guten Geschmack ziehen muss! In dem Alter bin ich mit Hardcore das erste mal in BerĂĽhrung gekommen, bis ich dann aber die Klassiker der 80er fĂĽr mich entdeckte, verging noch ein gutes Weilchen. "History repeats itself"? Scheint so. (Bandcamp)

Hate it too - Lampshading
Zum zweiten Album von Hate it too hatte ich im Juni sogar ein Review in der Pipeline, schließlich zähle ich "Lampshading" zu meinen persönlichen Lieblingsalben des laufenden Jahres. Die Band aus Kanada spielt bezaubernden Melo-Punk mit dezenten Metal-Anleihen, verschwurbelten Gitarren-Parts, ständigen Tempo-Variationen und mitsingtauglichen Chorussen. Vergleiche zu den Landsleuten von Propagandhi, A Wilhelm Scream oder Strung Out liegen auf der Hand. Hate it too verschaffen sich aber ihr eigenes Gesicht, weil sie deutlich melodiöser und poppiger agieren, mehr Nähe zu Post-Hardcore & Indie-/Alt-Rock pflegen und zudem die Stimme von Marc-Antoine Dionne besitzen. Denn sein theatralisch angehauchter, doch stets inbrünstiger Gesang gibt der Band immense Alleinstellungsmerkmale. Ich würde gar behaupten, dass die Vocals etwas Mike Patton-beeinflusst sind! Doch wie auch immer: "Lampshading" ist ein verdammt starkes und leider schwer untergegangenes Album, das sowohl in seinen schnellen, als auch in seinen ruhigeren Momenten voll überzeugt. Und der Eröffnungs-Dreier "Spirals"-"Deeper Cuts"-"Fallout" ist sowieso göttlich! (Bandcamp)

Logic - No Pressure
Wahrscheinlich besser als alles was nach "The Incredible True Story" kam, aber was hat das schon zu sagen?! Logic war für mich immer ein relativ talentierter Rapper, der es aber weder schaffte sein Potenzial auszuschöpfen, noch einen höheren Status zu erreichen. Ja, in der "Szene" war er schon nach kurzer Zeit sowas wie eine Witz- bzw. Hassfigur. Leider konnte er die Hater auf lange Sicht nicht ruhig stellen, dafür war seine Discographie einfach zu schwach. Ich empfehle immer noch das Debütalbum "Under Pressure", das für mich zu den besten Hip-Hop-Alben der letzten Dekade zählt. "No Pressure" ist nun der Schwanengesang, denn Logic setzt sich mit stolzen 30 Jahren zur Ruhe (wer's glaubt!?). So süß die neue Version von Logic's bestem Track "Soul Food" auch sein mag, so bezeichnend ist sie für das ganze Album. File under: Das hätte kein Mensch gebraucht.

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